Umweltgerechtigkeit

Umweltgerechtigkeit


Beispiele

In den USA wurden viele konkrete Fälle mangelnder Umweltgerechtigkeit bekannt und öffentlich diskutiert, z.B. Love Canal, Warren County, Cancer Alley, Times Beach, Kettleman City, East Liverpool, McFarland, West Dallas und Texarkana. Hier zwei Beispiele.


Woburn

In Woburn, einem Arbeiter-Vorort nördlich von Boston, wurde 1969-79 eine auffällige Häufung von Leukämiefällen bei Kindern beobachtet, von denen die Mehrzahl (16 von 28) tödlich verliefen. Das Risiko, an Leukämie zu sterben, lag für ein Kind in Woburn um den Faktor 2,5 über dem US-Durchschnitt; in East Woburn, wo das Cluster zuerst auffiel, sogar um den Faktor 12. Auch für Erwachsene waren Leukämie- und Blasenkrebsrate stark erhöht. Die Einwohner hatten sich schon lange über trübes, übelriechendes und -schmeckendes Trinkwasser beschwert, ohne daß die Behörden reagierten.

Das Leukämie-Cluster wurde von betroffenen Eltern und engagierten Epidemiologen aufgedeckt, mit einfachen Methoden und ohne Forschungsgelder, die verweigert wurden. Die nach öffentlichem Druck eingeschaltete Gesundheitsbehörde (DPH) wiegelte ab, mußte aber eine Verdopplung des Leukämie-Risikos einräumen. Nach Aufdeckung des Clusters hatte sich gezeigt, daß zwei nahegelegene Chemiewerke Erdreich, Fluß und Grundwasser massiv chemisch verschmutzt hatten, u.a. mit krebserzeugenden Chemikalien, wie Trichlorethylen (Tri), Perchlorethylen (Per), 1,1,1-Trichlorethan und Chloroform. Die Konzentrationen von Tri und Per lagen bei den zwei Trinkwasserbrunnen um den Faktor 40 über geltenden Grenzwerten, wovon die DPH seit 1956 wußte.

Die Verursacher konnten den Zivilprozeß - über Bestehen, Art und Ausmaß der Verschmutzung; Einwirkung aufs Grundwasser; Nachweis, daß die Wasserverschmutzung Leukämie verursacht hatte - fünf Jahre hinziehen. Dann war das Anwaltsbüro, das die praktisch mittellosen Kläger vertrat, finanziell ruiniert und mußte aufgeben. Grund waren die juristisch oft nicht nachvollziehbaren Entscheidungen des zuständigen Bundesrichters. Ein Betrieb wurde mangels Beweisen freigesprochen. Der andere war nach Ansicht der Geschworenen der chemischen Verseuchung des Grundwassers überführt. Der Richter lehnte aber die Festsetzung von Schadensersatz ab, weil die Geschworenen wissenschaftliche Fakten angeblich falsch verstanden hätten.



ÖPNV in Los Angeles

Der Öffentliche Personennahverkehr im Großraum Los Angeles versorgt ein sehr großes und dezentralisiertes Gebiet mit mehr als neun Millionen Einwohnern. Der Transport erfolgt mit Bussen, die häufig in schlechtem Zustand und überfüllt sind. Nutzer müssen lange Wartezeiten inkauf nehmen; überfüllte Busse fahren an Haltestellen vorbei, ohne anzuhalten. Das Bussystem wird von armen, meist farbigen Personen genutzt, die sich kein Auto leisten können. In den letzten Jahren hat sich trotz steigender Bevölkerungszahl das Busangebot weiter verschlechtert, weil die Verkehrsgesellschaft MTA die Busse nicht mehr hinreichend erneuert. Sie setzt stattdessen auf den Bau eines S-Bahn-Systems, in das in 30 Jahren 183 Milliarden Dollar investiert werden sollen.

Das geplante Schienenetz sollte vor allem "weiße" Vororte untereinander und mit den Geschäftszentren verbinden. Die Anbindung der Wohngebiete der sogenannten "Minderheiten" - in Los Angeles bilden Latinos allerdings schon die Mehrheit - an Geschäftszentren und Gewerbegebiete war viel weitmaschiger angelegt und erst für später geplant. Eine breite Koalition von afroamerikanischen und Latino-Gruppen legte dagegen erfolgreich Klage ein. Ein vom Gericht der MTA zugeordneter "special master" ordnete 1996 den sofortigen Kauf von 500 Bussen an, um den Beförderungsnotstand zu beenden. Als die MTA den Ankauf verzögerte, ordnete ein Bundesrichter 1999 den Kauf von 248 Bussen innerhalb eines Monats an. Zugleich wurde die MTA angewiesen, das geplante Schienenprogramm zugunsten des Busangebots drastisch zu kürzen.


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